Glaubt mir, ich denke mit Schrecken an meinen Diätbeginn zurück. Ich war hungrig, verzweifelt und unausstehlich! Ich habe solch einen Respekt vor meinem Mann, dass er das Ganze ohne Scheidung mit mir durchgezogen hat, denn ich konnte mich selbst nicht ertragen. Ich habe geheult, gewütet und mich im Bett verkrochen.
Ich musste da durch. Egal wie. Ich war dick und unglücklich und deshalb habe ich eine Entscheidung getroffen: ich musste abnehmen.
Ich hatte keine andere Wahl.
Es ist völlig ok dick zu sein und ich bin nicht so vermessen, zu glauben, dass man sich als dicker Mensch nicht wohlfühlen kann. Dies zu beurteilen maße ich mir nicht an. Aber ich glaube, dass es bei allen Menschen eine Grenze gibt. Diese Grenze ist so individuell wir selbst und daher ist sie bei dem einen früher und bei dem anderem später erreicht. Das Gewicht wird, meiner bescheidenen Meinung nach, inakzeptabel, wenn man sich körperlich eingeschränkt fühlt, Schmerzen hat oder dadurch krank wird.
Bei mir war diese Grenze schon lange überschritten. Ich hatte jeden Tag, an dem ich mehr als etwa 3000 Schritte ging, Fussschmerzen. Ja, das war mein übliches Pensum! Dank eines Schrittzählers, den ich damals benutzte, um meinen Bewegungs-Ist-Zustand zu ermitteln, konnte ich dies relativ genau bestimmen. Manchmal glaube ich, dass ich so schlimme Fussschmerzen hatte, weil meine Füsse so klein sind. In Relation zu 124kg Lebendgewicht auf 170cm ist eine Schuhgrösse 37/38 ja recht zierlich. Vielleicht hätte ich mit Schuhgröße 42 nicht solche Schmerzen gehabt, wer weiß.
Jedenfalls war es mir mit diesen Schmerzen kaum möglich, einen normalen Alltag zu zu bestreiten – von aktiv will ich erst gar nicht anfangen! Nicht mit zwei kleinen Kindern. Ohne Kinder und den Herausforderungen, die diese so mit sich bringen, wäre mir eventuell sogar erst später klar geworden, dass ich nun eine Gewichtsschallmauer durchbrochen hatte. Aber so richtig, mit Karacho und Krawumm. Wer den Beitrag zu meinem “Klick Moment” gelesen hat, weiß, dass auch der etwas mit meinen Kindern zu tun hatte.
Ausserdem spürte ich tagtäglich, wie sehr mich mein dicker Körper einschränkte: Ich konnte nicht in die Knie gehen. Blöd, mit zwei so kleinen Kindern. Habe mich dann öfter auf dem Boden gesetzt und musste zusehen, wie ich wieder hoch kam. Elegant sah es jedenfalls nicht aus. Auch heute noch halte ich vor dem “in die Hocke gehen” kurz die Luft an und muss mich wirklich überwinden es zu tun. Ich hatte ständig ein bis zwei Kinder auf dem Arm. Hoch heben, umsetzen, zur Seite heben, auf den Stuhl heben, ins Bett heben, usw. Als sie noch kleiner waren und gleichzeitig weinten habe ich sie zeitweise sogar gleichzeitig getragen. Als Mama schafft man das, auch als stark übergewichtige Mama. Mamas haben Löwenkräfte. Aber ich hatte unglaubliche Rückenschmerzen und das kam nicht vom Gewicht der Kinder, sondern von meinem Übergewicht.
Zudem war ich krank. Ich hatte Diabetes und Bluthochdruck.
Danke, reicht dann auch!
Dick bleiben war für mich keine Option.
Jeden verdammten Tag habe ich mir dies vor Augen gehalten. Ich habe mich ganz bewusst und mit voller Überzeugung dazu entschieden abzunehmen. Deshalb hat es funktioniert. Egal wie beschissen manche Tage liefen, egal wie viele Nächte ich am Stück kaum geschlafen oder egal welche Sorgen ich hatte, egal was kam, ich musste durchhalten.
Du musst dich entscheiden. Wenn Du abnehmen möchtest, dann zieh es durch!
Ansonsten bleib so wie du bist, lerne dich zu lieben und sei gut zu dir. Dieser Weg ist nicht leichter oder schlechter, ich glaube sogar, das Gegenteil ist der Fall. Ich habe vor jedem dicken Menschen, der ehrlich über sich sagen kann, dass er sich liebt, mindestens genau so viel Respekt wie vor jemanden der viel abgenommen hat.
Aber eine Sache darfst du, um deiner selbst Willen, nicht tun: Jammern, nichts tun und wegen deines Übergewichts ein unglückliches Leben führen.
Entscheide dich.
Galina
February 28, 2016 at 9:09 pm (9 years ago)Hallo Sarah,
vielen Dank für diesen Beitrag. Ich folge dir schon länger auf Instagram und bin beeindruckt von deiner Disziplin und Willensstärke. Ich beginne jetzt auch mit meiner Abnahme. Zwar ist mein Startgewicht (85kg, nach 2 Kindern ) nicht ganz so hoch aber bereits damit merke ich dass es sich negativ auf die Gesundheit auswirkt. Du motivierst mich, vielen Dank.
Ich wünsche dir alles Gute für die Zukunft.
Liebe Grüße
Galina
Sinah
March 20, 2016 at 2:47 pm (9 years ago)Wow Sarah,
Das ist ein wirklich toller Artikel. Sehr diplomatisch, ehrlich und einfühlsam verfasst. Mein Gewicht liegt zwar eindeutig bei unter Hundert Kilogramm und krank bin ich auch nicht. Trotzdem habe ich Übergewicht und kann nicht vollen Herzens behaupten, dass ich mich damit gut fühle und auf der Höhe meiner Kraft liege. Oft prädigen einem Menschen Dinge übers Abnehmen, die nie im Leben eine Diät nötig hatten und die als Jugendliche sogar einfach Essen konnten, was sie wollten. Obwohl ich natürlich ehrlich zugebe, dass ich nicht ganz unschuldig an meinem jetzigen Gewicht bin, war ich trotzdem nie ein Kind, dass unbekümmert essen konnte. Seit ich mich also erinnern kann, denke ich über Gewicht und Ernährung nach, weshalb ich teilweise einen feinseligen Bezug zum Essen habe. Deshalb inspierieren mich Worte von jemandem mit aufrichtiger Erfahrung, also deine, mehr als alles andere. Zumindest dazu für mich selbst zu kämpfen und zu sorgen und das beste aus meinem Leben rauszuholen, auf welche Art auch immer dies sein mag. Gut zu sich zu sein ist wirklich schwerer als man denkt. Und deshalb ist es immer schön zu sehen, dass man nicht allein ist. 🙂
Liebe Grüße,
Sinah