Ein bisschen Wehmut

Bald ist es so weit! Nur noch läppische 2kg fehlen mir zu meinem Wunschgewicht. Ich freue mich, aber ich spüre auch so etwas wie Wehmut und Abschiedsschmerz.

Es ist so verrückt, denn zu Beginn habe ich das abnehmen müssen gehasst. Ja wirklich, es war die reinste Qual für mich. Ich rede es nicht schön: der Beginn war einfach nur anstrengend. Aber ich hatte mich entschieden und musste da durch. Nach etwa 20kg merkte ich, wie es mir körperlich schon viel besser ging. Ich bekam besser Luft, wurde beweglicher und schnaufte nicht nach drei Schritten wie eine alte Dampflock. Etwa 20kg Abnahme hat es in etwa auch gebraucht, bis ich mich optisch wieder mochte.

Nach weiteren 5kg war ich ein “Uhu” – unter hundert Kilogram! Ich glaube, diese Grenze ist für alle stark Übergewichtigen die abnehmen ein so geniales Erlebnis! Endlich nur noch eine zweistellige Zahl auf der Waage zu sehen. Für mich war das damals irgendwie der “Durchbruch”: ab diesem Zeitpunkt habe ich mich einfach wieder viel besser, gesünder und auch weiblicher gefühlt. Ich habe gar nicht mehr gemerkt, wie wenig ich mich als Frau gefühlt habe. Es ist traurig, aber so war es: ich habe mich wie ein Neutrum gefühlt. Ich konnte wieder die Beine übereinander schlagen! Meine Güte, wie habe ich dieses Erlebnis gefeiert! Selbst heute freue ich mich noch, dass ich mit überschlagenen Beinen bequem sitzen kann. Ich fing an, mich wieder für Mode und Make Up zu interessieren. Shoppen wurde einfacher. So ab 95kg fand ich auch immer mal wieder etwas in der “normalen” Abteilung Kleidung.

Dann kam der Sommer und ich hatte einen echten Durchhänger. Wir waren in Barcelona und hatten einen tollen Kurzurlaub mit viel leckerem Essen. Dazu gab es viele Familienfeiern. Ich nahm alle Ausreden mit die man mir bot. Danach kam ich nicht mehr richtig in meine Ernährung zurück und nahm auch wieder ein paar Kilo zu.

Letztendlich waren diese Wochen aber nur ein kurzes Innehalten, ein Ausruhen, denn im Juli kehrte meine Motivation zurück und seitdem purzelten die Kilos nur so dahin. Seitdem hatte ich keinen Stillstand mehr – ich hatte einfach meine perfekte Ernährunsgform gefunden. Mit jedem Kilo, das ich verlor, kam ich immer näher bei mir an. Abnehmen machte mir Spass. Ich war und bin zeitweise richtig euphorisch und überdreht vor lauter Motivation. Es ist so ein wahnsinnig geniales Gefühl!

Und bald ist es vorbei. Kein, “Woah, wieder ein Kilo abgenommen.” Keine Klamotten die zu groß werden. Kein darüber freuen, dass man nun in eine kleinere Kleidergröße passt. Keine Komplimente mehr. Vieles, was mich in den letzten 16 Monaten antrieb, mir Kraft gab, ist in absehbarer Zeit Geschichte.

Natürlich könnte ich jetzt aufhören. Ich fühle mich jetzt so gut, dass es auch OK wäre, so zu bleiben. Aber die 60kg würde ich gerne noch voll machen, nicht zuletzt, weil es so eine krasse Zahl ist. Sollte mein Gewicht nun jedoch stagnieren, wäre das auch völlig in Ordnung für mich.

Ich habe keine Sorge mein Gewicht nicht halten zu können, das werde ich schon schaffen. Ich bin mittlerweile so routiniert in dem was ich tue, dass es mir vermutlich nicht schwer fallen wird. Da ich auch keine Diät im eigentlichen Sinne gemacht habe und auch kein Low Carb, muss ich zum Gewicht halten einfach nur etwas mehr essen und weiterhin Sport treiben – das scheint mich jetzt nicht so eine große Herausforderung.
Meine Schilddrüsen- und Zuckerwerte werde ich natürlich mein Leben lang im Auge behalten müssen und regemlmäßig beim Arzt kontrollieren lassen, aber auch damit habe ich mich abgefunden – ist halt eh nicht zu ändern.

Aber manchmal habe ich Angst in ein Loch zu fallen, so wie es manchmal einfach passiert, wenn man so intensiv auf etwas hingearbeitet hat und was dann zu Ende ist. Da bleibt dann oft einfach eine große Leere zurück. Ich bin gespannt wie ich mich fühlen werde und es ist gut, dass ich mich schon seit Wochen mental auf diese Zeit vorbereitet habe. Deshalb ist neben der Angst auch ganz viel Freude, viel mehr als Sorgen. Ich habe es dann geschafft. Diese Reise zu mir selbst zurück war das anstrengendste, was ich jemals getan habe, und auch irgendwie eine meiner intensivsten Lebenserfahrungen. Ich freue mich dann darauf, mich wieder anderen Dingen widmen zu können. An Ideen und Projekten mangelt es mir jedenfalls nicht, so dass ich die befürchtete Leere ausfüllen könnte, wenn sie denn überhaupt kommt. Ich werde sie schon verscheuchen.

Das Abnehmen hat mich bald lange genug begleitet, es wird Zeit für Neues!

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *